Vom Low Boy zur Hi-Hat
Im Schlagzeugunterricht passiert es regelmäßig, dass sich nicht nur AnfängerInnen über die etwas eigentümliche Konstruktion der Hi-Hat wundern. Die Hi-Hat ist jenes Instrument des Schlagzeugs, bei dem es möglich ist, die daran befestigten Becken sowohl mit den Sticks als auch mit einem Pedal zu spielen. Das alleine sorgt schon meistens für erstaunte Blicke. Noch erstaunter werden diese Blicke wenn meine SchülerInnen erfahren, dass die ersten Versionen der Hi-Hat alles andere als „high“ waren.
Double Drumming
Das Schlagzeug, wie wir es heute kennen und spielen, hat sich aus mehreren Einzelinstrumenten entwickelt, die in den Orchestern und Marching Bands von unterschiedlichen Personen gespielt wurden. Als erstes wurden Bass Drum und Becken miteinander kombiniert und mit steigender Popularität von Tanzmusik und daraus resultierenden Traveling Shows entwickelte sich das sogenannte „Double Drumming“. Heute bezieht sich dieser Ausdruck voranging auf Bands, in der zwei Schlagzeuger gleichzeitig spielen (und nach dieser Liste auf Wikipedia sind das einige). Am Anfang des 20. Jahrhunderts bezeichnete das aber die damals immer gängiger werdende Praxis bei der Schlagzeuger die Snare Drum auf einem Stuhl abstellten um diese so gleichzeitig mit der Bass Drum bedienen konnten – beide mit Sticks wohlgemerkt.
Clanger und Charleston Pedal
Mit der Erfindung der ersten Bass Drum Pedale kam der sogenannte „Clanger“ - ein Pedal, das es ermöglichte, mit nur einer Bewegung Schläge auf der Bass drum und einem nahe des Bassdrumfelles montierten Beckens auszuführen. Im Jahre 1925 meldete Victor Benton eine Erfindung zum Patent an, die nach der Einführung in den Massenmarkt als „Charleston Pedal“ oder „Snow Shoe Pedal“ Bekanntheit erreichte. Dieses Pedal hatte aber eine wesentlichen Nachteil (vor allem für professionelle Drummer, die regelmäßig auf Tour waren): man konnte es nicht zusammenfalten und Schlagzeugequipment, das sich nur mühsam verstauen lässt, macht noch heute das Reisen eher unangenehm.
Low Boy und Hi-Hat
Ende der 1920er Jahre entwickelte Barney Walberg den Low Boy. Der sieht der heutigen Hi-Hat bis auf ein wesentliches Detail schon sehr ähnlich und war auch in professionellen Belangen seinem Vorgänger überlegen: Man konnte ihn leicht zusammenklappen und verstauen und genau das machte ihn für die Touring Drummer dieser Zeit interessant. Was den Entwicklungssprung vom Low Boy zur Hi-Hat wirklich initiierte, da gehen die Meinungen der Schlagzeughistoriker auseinander: Manche sprechen von einem Zufall bei dem jemand versehentlich seine Sticks auf den Low Boy fallen ließ, was zu der Erkenntnis führte, dass man die Becken des Low Boy auch mit Sticks spielen könnte. Andere sehen darin eine bewusste Entscheidung damaliger Hersteller, das Design zu ändern.
Was auch immer den Ausschlag für die Transformation des Low Boy zur Hi-Hat gegeben hat, mit ihr waren eigentlich alle wesentlichen Merkmale vorhanden, die wir auch von der modernen HiHat kennen. Zwar kamen über die Jahre noch Veränderungen an der Bodenplatte und die Möglichkeit, die Höhe der Hi-Hat zu ändern hinzu, aber ansonsten ist die Hi-Hat seit fast 100 Jahren in der selben Form Teil des Drumsets.